Noch 20 Meter, als ich auf der Rückbank sitzend hochschau. 20 Meter, bis wir mit 130kmh auf den Fahrer vor uns aufprallen werden. Der Mund muss aufspringen und “bremsen” schreien, denke ich. Der Mund bleibt still und offen. Die Bilder schießen in meinen Kopf. Die Releaseparty der letzten Ausgabe, die große Trennung nach fünf Jahren. Der Typ, der darauf mein Herz brach, taucht nicht auf, war also doch nicht wichtig, wunderbar. Eine Mitfahrgelegenheit, vier Fremde auf den Weg nach München, die sich gerade noch nett unterhalten haben und deren aller Leben jetzt in ihren Köpfen an ihnen vorbeizieht. Wir stoßen auf, beide Autos sind Matsch, alle drin überleben. Nachdem wir Verletzungen ausschließen können, strömen alle wieder in verschiedene Richtungen. Statt dem geplanten Snowboardwochenende in München, fuhr ich heim, der Schock noch in den Gliedern, im Herzen die Sehnsucht nach einer eigenen Familie, der ich davon erzählen kann. Und immer wieder die Frage, ob ich jemals die Ronja Räubertochter-Mutter sein werde, die ich immer sein wollte. Auch der Zettel, der ein Jahr später während einer langen Reise ins Meer rausging zeigte den Herzenswunsch: ein Mann, eine Frau, Hand in Hand, in der Mitte drei Kinder.
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Heute sechs Jahre später ist mein Leben voller Familienthemen und ich finde selten Zeit, Zettel hinaus ins Meer zu schicken oder zu schauen, wie es mir gerade geht. Wie so oft bekommt man im Leben das, was man sich gewünscht hat, ohne es bewusst zu bemerken. Weil die Träume von gestern von den Sorgen von heute überlagert werden. Die Prioritäten haben sich verschoben, doch, die Einsamkeit, die Sehnsucht, die Überforderung ist immer noch oft da. Mir hilft es dann, hier darüber zu schreiben. Das heißt nicht, dass mein Leben scheiße ist. Nur, dass, wenn ich darüber schreibe, ein der Teil der Komplexität abfällt und es sich leichter anfühlt.
Wenn du auch manchmal nicht weißt, wo hinten und vorn ist und dich dann mit dem Handy verziehst, um Instagram zu scrollen, sei dir sicher: du bist nicht allein.
Ich bin Josephine und ich sitz gern mit gepackten Sachen startklar da, lese ein Buch und schiele mit einem Auge, wenn mich jemand fotografiert. Und wer bist Du?
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