gutenachtgeschichte

Man spricht nicht darüber. Aber jeden Abend sitze ich neben dem Bett meiner Kinder, halte Händchen, küsse, versuch mich langsam zu distanzieren, höre den ersten Widerstand, verspreche im Zimmer zu bleiben, bleibe ruhig im Dunkeln im Schneidersitz sitzen, zähle innerlich bis 100, stehe in Zeitlupentempo auf, ziehe mich an der Tür hoch, öffne sie langsam, versuche behutsam den Raum zu verlassen, das Knie knackst beim Aufstehen, der zweite Widerstand, diesmal energischer mit weinen beginnt, ich beruhige, dass ich doch nur auf Toilette gehe und gleich wieder da bin, auch wenn ich in dem Moment denke, das wäre gelogen, ist es nicht, wie sich eine Minute später herausstellt, weil selbst nach tausendundeinmal Gutenachtsagen bei meinem Verlassen des Raumes das Weinen sofort in Brüllen umschlägt. Nachdem ich nach einer weiteren Stunde raus und rein und hoch und runter beim finalen Einschlafen (natürlich kuschelnd mit mir im Bett) aufgebe und fünf Minuten später mit bebender innerer Wut auf dem Sofa unten einschlafe, läuft der Film, den wir seit Ewigkeiten gemeinsam schauen wollen (4. Versuch diese Woche) mal wieder ohne mich.

Seit vier Jahren geht das jetzt so. Dass sie nicht einschlafen ohne uns. Was wir falsch machen, frage ich mich jeden anstrengenden Abend, an dem wir wieder ein paar entspannte Stunden zu zweit verpassen und einfach nur Zombies sind. Obwohl ich weiß, dass sie uns einfach noch brauchen und das für mich natürlich klingt, aber unheimlich schwer zu bedienen ist. Die, bei denen es einfach ist, sind oft die, die von Beginn an nicht einmal kuschelnd mit ihrem Baby eingeschlafen sind. Das wäre für mich keine Option gewesen und dafür zahlen wir jetzt den Preis. ‚Einfach mal Kuss und Gutenachtsagen und dann unten gemütlich den Bachelor schauen‘, träume ich. „Nein, ich will nicht hoch, lasst mich alle in Ruhe“, raunze ich meinen Mann an, der mich weit nach Mitternacht versucht vom Sofa hoch ins Bett zu bewegen.

Previous Post Next Post

You Might Also Like

No Comments

Leave a Reply