Auf meine eingetippte Frage an Google „Warum macht er mir keinen Antrag?“, erschien in einem Onlineforum folgender Beitrag von Charles (28): „Zuerst wollte meine Freundin eine Hochzeit an einem Traumstrand. Dann sollte es ein kleiner Empfang in der nächsten Stadt sein. Nun reicht es schon, wenn wir kurz beim Amt vorbei schauen. Sie senkt die Hürde für mich, aber ich krieg die Frage trotzdem nicht über die Lippen. Heißt das, dass unsere Beziehung eine Macke hat oder habe ich einen Knacks?“ Für den Antrag wäre ich ab dem Moment empfänglich gewesen, als ich das One-Way-Ticket nach London einlöste. Spätestens ab dem positiven Schwangerschaftstest, allerspätestens an der Küste kurz vor der Geburt, zu meinem Geburtstag, auf der Babyshower, während der Wehen. Der gemeinsame Baliurlaub mit unserem Einjährigen ein Jahr später sollte die absolute Deadline sein. Als es auch an unserem Jahrestag beim Dinner am Strand nicht soweit war, purzelten die Tränen ins Champagnerglas, Sonnenuntergang und Wellenklänge im Hintergrund. Unser Babysitter aka Hotelpage, der kurz darauf auf dem Fahrrad, unser weinendes Baby im Arm, an unseren Tisch düste, nahm ich als Erlösung von dem Abend gern an. Vier Wochen später flogen wir ohne Ring am Finger, dafür mit zweiten Baby im Bauch, heim. Und das Thema Verlobung/Hochzeit wurde zur absoluten Bauchschmerz-Odysee. Ich hörte nicht auf, hinter jedem Date, Spaziergang, Urlaub, Wochenendausflug den potenziellen Antrag zu vermuten. Masochistisch veranlagt oder hollywoodverblendet könnte man meinen – oder nen Vollidioten gewählt, der seine angebliche Traumfrau nicht glücklich machen will, wie man es nach Gefühlslage dreht. Dass mir ein Antrag so wichtig ist, wusste ich erst, als keiner kam. Als in England angekommen, Freunde und Familie weg, mich nachts im Traum Taliban jagten – die schwangere Unverheiratete. Tagsüber fühlte es sich nicht ganz so dramatisch an – aber der Frust darüber, keine Frau zu sein, für die der Mann etwas Romantisches plant und dann der restlichen Welt stolz verkündet, fraß sich ins Herz und tat weh. Hochsensible kreative Menschen wissen, wie sehr man sich in etwas gefühlsmäßig versteifen kann…
… besonders wenn man Zeit auf solchen Plattformen wie hier verbringt, auf denen man leicht das Gefühl bekommen könnte, die Welt würde nur so überlaufen von trainierten Typen, die wochenlang im Voraus inszeniert niederknien. Mein Antrag kam in der Nacht vor unserem standesamtlichen Termin. Hier im Haus auf dem Dachboden, mit Kerzen. 2,5h musste er auf da oben auf mich wartet, weil ich sein Rufen nicht hörte und draußen auf der Terrasse mit einer Freundin telefonierte. 2,5 Stunden gegen 2,5 Jahre. Die Ehe bereue ich nicht, das ist mein Mann. Aber wenn ich Charles Worte in dem Forum vor dem Standesamt gelesen hätte – dann hätte ich es mir eventuell noch mal überlegt.
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