Die zweite Sitzung Paartherapie. Oma ist als Babysitterin angereist, wir zum ersten Mal seit Corona nur zu zweit unterwegs. Es soll ein kinderfreier Qualitytimenachmittag werden – schön essen gehen, Therapie, spazieren. Im Auto herrscht Froststimmung. Mir sitzt die Schwangerschaftsdiabetes-Diagnose noch im Nacken, ich fühle mich fett und unfähig. Das Schattenkind in mir braucht Liebe, weiß ich seit ‚Das Kind in Dir muss Heimat finden‘ von Stefanie Stahl. „Ich weiß nicht, ob ich die Paartherapie als solche aktuell weiter machen kann. Ich möchte keine Ehefrau mehr sein. Bin aber bereit, an uns als Eltern und Freunde zu arbeiten“. Stille. Ich verspüre traurige Vibes vom Therapeut, bekomme fast ein schlechtes Gewissen. Der muss doch wissen, dass man nur hier herkommt, wenn es ernst ist oder nicht?! Er schließt seine Augen. Ich fühle mich unwohl und gleichzeitig amüsiert. Wird das jetzt eine Esonummer? Nach einer gefühlten Ewigkeit schlägt er vor, dass wir die Emotionen rausnehmen und erstmal „nur“ noch praktische Entscheidungen treffen. Einen Plan machen, an denen wir uns halten. 12 oder 18 Monate dem Ganzen eine faire Chance geben. Aber eine richtige, ohne Rumgeeier und Gemurre. Danach kann jeder seiner Wege gehen, wenn er/sie immer noch nicht will. Das hätten wir und die Kinder verdient. Das ist das Vernünftigste, was ich seit langem gehört habe. Dafür zahlen wir gern das Geld.
Zum Schluss beruft er sich auf John Gottmans ‚Liebeskiller in einer Beziehung‘ – @charlotte_Roche-Fans kennen das. Kritik; Rechtfertigung; Verachtung; Mauern; Machtdemonstration – wer sich so verhält, steuert auf das Ende zu. Wir sollten jetzt wirklich hinschauen, wie wertvoll wir als Familie sind – wir bräuchten das jetzt mehr denn je. Das klingt mir wieder zu optimistisch, zu happilyeverafter, das fühle ich nicht. Aber hey, das ist schon wieder mein Schattenkind, das da spricht. Das Sonnenkind in mir will die Familie. Auf der Rückfahrt Schweigen, aber nicht unangenehm, und tausendmal angenehmer als der Frost davor.
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