Ein halbes Jahr tägliches Posten auf Instagram. Näää – niemals hätte ich das kommen sehen. So geschmacklos empfand ich diese App zu Beginn, auf der Menschen untereinander um Aufmerksamkeit ringen, während sie sich gegenseitig followern. Auf der sich künstlerisch eher Unmotivierte plötzlich als Fotograf und Trendscout in einer Person berufen fühlen. Ich fand es absurd, primitiv, peinlich und wollte damit nichts zu tun haben. Wirklich nichts.
Dann ward der Influenzer geboren und es ward viel über ihn gesprochen. Werbekunden wechselten von Printanzeigen zu jungen Leuten und machten erste Angebote. Beim Stillen meines ersten Babys war es soweit und ich guckte mir hundemüde und fix und fertig zum ersten Mal Bilder und Hashtags von schlauen Müttern an, die jeden Pups mit der Kamera festhalten und beschriften und heute viel Geld damit verdienen. Beim zweiten Kind, noch müder, diesmal gab es nicht nur windeln & stillen sondern zwischendurch ganz viel schreien, gab ich auf. Und probierte aus, vom Klo glaub, das ist so geblieben, wie es sich anfühlt, hier ab und an einen Familienschnappschuss zu posten. 3, 2, 1 und: schon jemand geliket? Näää! Aja, die Hashtags fehlten ja. Das erste Jahr mit zwei Babys verging und damit starteten etliche Gehaltsverhandlungen über neue redaktionelle Aufträge. „Tut mir leid, aber deine Reichweite lässt ein höheres Honorar nicht zu.“ Wat?! Na warte! Ich öffnete die App und schrieb einen langen Text unter ein beklopptes Bild. Und plötzlich machte es Spaß. Als das @Elternmagazin auf meine Takeover-Anfrage antwortete, obwohl ich nur hundert Follower hatte, rückten meine Zweifel an dieser Plattform wieder ins Licht und ich machte weiter. Es gibt sie also doch noch: die Menschen, die selbst entscheiden, was ihnen gefällt und sich nicht von Zahlen leiten lassen. Als dann plötzlich Unbekannte begannen, liebe Sachen zu schreiben, wurde die App mein neues Hobby. Seitdem sind 200 tägliche Texte und unzählige liebenswerte Kontakte entstanden. Nen gesunden Umgang hab ich mit damit noch nicht gefunden – zu viel Input im Feed in zu viel damit verbrachter Zeit. Aber Euch – meine geliebten neuen Freund*innen & Leser*innen – Euch geb ich nicht mehr her ♥
No Comments