TIROLLIEBE

Eine Campingausrüstung zulegen, obwohl man Hotels lieber mag. Urlaub mit den Eltern organisieren, obwohl es in der Konstellation nur Streit gibt. Stunden damit verbringen, Brote zu schmieren, obwohl keiner im Auto Brote mag.

Es ist Anfang Juli und ich kann nicht mehr. Die Schwangerschaft, der dank Corona aufgelöste Arbeitsvertrag, die Unwissenheit, wie es weitergeht. Wie so oft, wenn es mir nicht gut geht, verbringe ich die meiste Zeit am Laptop, vernachlässige Bewegung und Ernährung, lebe panisch und traurig vor mich hin. Würde am liebsten den Rucksack packen und verschwinden. Gleichzeitig das Bett nicht mehr verlassen. Als die Jungs nach der Kitaöffnung so gar nicht hinwollen und ich uns alle für immer zuhause sehe, kapituliert mein Schwangeren-Ich und ich weine jeden Tag, stundenlang, unheimliche Schluchzattacken vor mich hin.

Zwei Wochen vorm geplanten Zelttrip mit den Eltern, frage ich mich, was mir eigentlich Spaß macht im Urlaub, cancel ihn, gehe spazieren und fühle mich befreit. Auf dem Rückweg bekomme ich eine Nachricht von Janine aus dem Südtirol, ob wir für ein paar Tage Lust hätten, in ihr Familienhotel zu kommen. Eine Verwechslung? Ich bin seit Wochen so gefangen in einer Welt aus Zukunftsängsten, Schwangerschaftskomplikationen, Beziehungskrisen und Selbstzweifeln, dass sich mir die Verbindung ihrer Anfrage zu unserem aktuellen Leben nicht erschließt.

Ein Tag bevor wir losfahren, bekommt mein Mann einen neuen Arbeitsplatz angeboten. Zwei so große Glücksnachrichten hintereinander – fällt mir schwer, das zu glauben. Im urschönen Apartment angekommen, gebettet im grünen Tal, mit gemütlicher Kochecke, bequemen Betten und Wahnsinnsblick in die Berge, gemeinsam im Jacuzzi, beim radeln und wandern komme ich so langsam wieder (bei mir) an. Und hoffe, nächstes Mal nicht so lang zu warten und aktiv die Dinge anzugehen, die gut tun.

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