weihnachten

Er kommt rein, ich bemerke es kaum, sein Rücken auf der linken Seite komplett zum Buckel erhoben, in der rechten Hand eine Tüte mit sieben leeren Pfandflaschen, noch Platz für mindestens 10. Das wären 4,25 Euro Tagesbudget, davon bekommt man ein Brot, ein Getränk, eine Banane, wenn man mag. Aktuell sind es nur 1,75- da müsste man sich schon für eine Sache entscheiden. Er flüstert ganz leise, ob ich eine Spende hätte. Unterm linken Arm eine große Menge an den Magazinen, die er heute vertreiben wollte. Es sieht nicht so aus, als wäre er nur eine Ausgabe davon losgeworden. Ich bin im Kopf bei meinen Kindern, die ich in wenigen Minuten friedlich schlafend zuhause betrachten kann, in meinem warmen, großen Haus, im Kopf all die angefangenen offenen Projekte, die man so hat, wenn man ein warmes Heim, vielleicht Kinder, zumindest Essen und eine Dusche hat. Dass er mich gefragt hat, hab ich ignoriert, ich wollte nicht in die harte Realität in diesem Moment. Als er eine Haltestelle weiter ohne Spende aus der Bahn humpelt, den Oberkörper immer tiefer senkend, schauen die Frau ihm gegenüber und ich uns an. Ich hätte ihm was geben können. Das mache ich sonst gern, wenn jemand höflich und unaufdringlich fragt. Aber mein Tag war scheiße und ich nicht in Spenderlaune. Bald ist Weihnachten und Menschen geben auf Knopfdruck und ich weiß jetzt schon, dass ich an ihn denken werde und auch, dass er nicht so aussah, als wäre er dann noch da.

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